Präanalytik

Einleitung

Die Präanalytik beinhaltet sämtliche Faktoren und Einflussgrössen vor der Durchführung der Analyse, von der Gewinnung der Probe am Patienten über den Transport bis zu ihrer Verarbeitung im Labor. Sie ist unabdingbar mit der Zuverlässigkeit der Resultate verbunden, Fehler in der Präanalytik sind die häufigste Ursache für klinisch unplausible Ergebnisse!

Grundsätzlich kann man die in der Präanalytik auftretenden Einflüsse in patientenbezogene Faktoren (in-vivo-Effekte) und sonstige Einflussfaktoren (in-vitro-Effekte) unterteilen:

Patientenbezogene Einflussfaktoren (in-vivo-Effekte):

a) unveränderlich:
- Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit
- Schwangerschaft
- Zirkadianer Rhyhmus

b) veränderlich:
- Entnahmezeitpunkt
- Körperlage
- körperliche Belastung / Ruhe
- Lifestyle (Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum)
- Konzentration bestimmter Störsubstanzen (Lipämie, Hyperbilirubinämie, Hämolyse)

Sonstige Einflussfaktoren / Störfaktoren (in-vitro-Effekte)

a) Probenentnahme:
- Antikoagulantienzusätze („richtiges“ Probenröhrchen)
- Entnahmetechnik (Reihenfolge der Röhrchen, Staudruck, Aspirationsog)
- Verunreinigungen
- Entnahmeort (weit genug entfernt von Infusionen o.ä.)
b) Lagerung/Transport:
- Temperatur
- Zeitspanne zwischen Entnahme und Verarbeitung
- Vorbehandlung des Materials (Abzentrifugieren, Einfrieren, Zusätze)
- Einhaltung der Kühl- bzw. Gefrierkette beim Transport sofern erforderlich
c) Medikamenteneinflüsse

Biotin-Interferenzen bei Laboruntersuchungen

Die meisten immunologischen Methoden zur Bestimmung von Hormonen, Knochenumbaumarker, Tumormarkern, etc. basieren auf Streptavidin-Biotin-Komplexen. Durch Supplementierung von Biotin (Vitamin H) in entsprechend hoher Dosierung können Serumkonzentration erreicht werden, die den Normalwert um das Vielfache überschreiten. Diese supraphysiologischen Biotin-Konzentrationen können zu Interferenzen in immunologischen Testsystemen führen und in positiven oder negativen Abweichungen resultieren. Falls eine Diskrepanz zwischen den Testergebnissen und den klinischen Symptomen beobachtet wird, sollte also die Möglichkeit einer Biotin-Interferenz in Betracht gezogen werden.  Biotin hat eine Halbwertszeit im Blutkreislauf von 1,5 bis 2 Stunden und sollte innerhalb von 5 Halbwertszeiten aus dem Blutkreislauf ausgeschieden werden. Die Clearance-Zeit hängt jedoch auch von der Dosierung und der Häufigkeit der Einnahme ab. Basierend auf der Halbwertszeit von Biotin beim Menschen wird eine Auswaschzeit von 8–10 Stunden als ausreichend angesehen, um das Risiko einer Biotin-interferenz bei Probanden zu mindern, die bis zu 5 mg Biotin zweimal täglich oder 10 mg Biotin einmal täglich einnehmen (P. Grimsey et al. Population pharmacokinetics of exogenous biotin and the relationship between biotin serum levels and in vitro immunoassay interference. Int. J. Pharmacokinet. 2017, 2, 247−256. J. Luong et al. Chemistry of Biotin−Streptavidin and the Growing Concern of an Emerging Biotin Interference in Clinical Immunoassays. ACS Omega 2020, 5, 10−18).